Montag, 13. Februar 2012

Überlegungen zu Backpacker Städten


Hypothese „Backpacker Städte“
Die Backpackerszene ist für Außenstehende ebenso schwer zu verstehen und ebenso inhomogen wie jede andere Szene auch. Es gibt die verschiedensten Gründe warum sich jemand mit eine Rucksack auf eine Reise begibt. Seit 10 Jahren reise ich mit dem Rucksack nach Asien. Zeit ein wenig über meine Beobachtungen zu schreiben und meinen Gedanken frei Bahn zu lassen.
2002 auf meiner ersten Reise habe ich gelernt was einen klassischen Reiseführer vom Lonely Planet und anderen „Backpacker Reiseführern“ unterscheidet. Der klassische Reiseführer konzentriert sich auf die Sehenswürdigkeiten des Landes und beschreibt – sobald die Sehenswürdigkeit betreten hat was man und warum man etwas zu sehen bekommt. Diese Bücher machen Lust auf das Land oder die Stadt. Diese Bücher helfen jedoch wenig bis gar nicht bei der Frage wo man übernachten könnte, wo man essen kann, was man essen sollte, wie kommt man eigentlich zu der Stadt und zur Sehenswürdigkeit – und was kostet das alles ungefähr. All diesen Fragen gibt sich ein Backpacker Reiseführer hin und beantwortet sie so gut es geht. Diese Reiseführer erleichtern das unabhängige selbst organisierte Reisen. Es gibt auch Platz die Sehenswürdigkeiten des „zweiten“ und „dritten“ Ranges aufzuzeigen. Die entsprechenden Bücher nennen dabei gerne Ross und Reiter beim Namen. Das heisst Hostels werden mit Namen, Adresse, Telefonnummer, Preis und einem Kommentar des Autors benannt.
Eine Bibel der Backpacker-Szene ist der Lonely-Planet, vielleicht das einflussreichste Buch. Für jedes Größere und manches kleinere Land dieser Erde gibt es ein solches Buch. Die Bücher arbeiten immer nach einem ähnlichen Muster…
Beispielhaft eine Beschreibung einer kleinen Stadt: „A busy regional center, acting as main hub for bus and train routes“ Wäre so eine Beschreibung die ungefähr so weiter gehen könnte. „most travellers will do an onward travel on the same day. In case you are willing to stay find below some useful addresses”. D.h. soviel wie “Die Stadt xx ist ein geschäftiges regionales Zentrum mit viele Bus und Zugverbindungen. Viele Reisende bewegen sich noch am selben Tag weiter an einen anderen Ort. Für den Fall das ihr im Ort bleiben wollt anbei einige Adressen“. Mit der Beschreibung der Hostels und einigen Worten zu den Transportmöglichkeiten endet das Kapitel der Stadt.

„Backpacker Städte“ Es gibt Städte die Backpacker geradezu magisch anziehen – es welchen Gründen auch immer. In einigen dieser Städte werden die Backpacker geradezu heimisch, einige harren dort wochenlang oder gar Monatelang aus. Man könnte sagen die reisenden Backpacker werden für einige Zeit heimisch. Andere Backpacker auf der Durchreise mischen sich hinzu. Die Backpacker aus westlichen Ländern wünschen sich einen Teil ihres Lebensstils oder sie wünschen sich gewissen Anpassungen des lokalen Lebensstils.  Gerade in diesen Zentren mit den Langzeitbewohnern stellt sich die Stadt auf diese Backpacker Kunden ein. Die Orte entwickeln also unabhängig von der eigentlichen Touristischen Attraktion eine ganz eigene Aktivität um den Backpackern entgegen zu kommen. Im Normalfall steigt auch die Verfügbarkeit von westlichen Speisen oder zumindest wird die Landestypische Küche stark angepasst. Typisch ist das das Frühstück um Bananenpfannkuchen und Toast erweitert wird. Auch das Auftreten von Pizza, Pasta und Burger ist fast sicher.

Die vergessene Hippie Liebe Dem Reisen mit dem Rucksack ist zu eigen das man selbst das Tempo der Reise bestimmt. Häufig ist die Reiseroute zu Beginn der Reise noch nicht festgelegt. Viele Reisende sind monatelang unterwegs und lassen es offen, wie lange sie an einem Ort bleiben. Die Unterkünfte sind nicht reserviert – man schaut wo und wie man bleibt. Diese eher entspannte Herangehensweise und die Reduziertheit auf das Wesentliche, das das Reisen mit einem kleinen Rucksack sind wichtig Eckpfeiler des Lebensgefühls auf Reisen. Weiterhin fühlt man sich ein wenig wie in einer großen Gemeinschaft, eine wilde Mischung unterschiedlichster Kulturen und sogenannter „westlicher“ Länder. Man kommt schnell ins Gespräch – schließt Freundschaften – verabredet sich zum Essen. Je kleiner die Gruppe in der man reist, desto mehr Kontakt hat man zu anderen Reisenden. Man wohnt gerne in kleinen einfachen Bungalows – wenn möglich mit einer Hängematte davor. Im Idealfall hat das Reiseland ein angenehm warmes Klima und die Sonne scheint. Einige kleine Bungalows die Hängematten davor alles so aufgebaut das man sich gegenseitig sieht ein kleines offenes Restaurant, der Kommunikationspunkt der Kommune. Alternativ kann man sich auch ein kleines Hostel mit Mehrbettzimmern vorstellen in denen ein gemeinsamer (gemütlicher!) Aufenthaltsraum oder noch besser eine gemeinsame Küche zur Verfügung stehen. So bildet sich in den Hostels eine kleine bunte Kommune, die ein wenig an das erinnert was man sich unter der Hippie Zeit vorstellt. Die Hostels liegen häufig direkt nebeneinander, so dass man bequem zwischen Ihnen umherwandern kann.

Wenn es extremer wird Was ich versuchen werde zu beschreiben sind Backpacker-Hochburgen die eine besondere Art von Eigenleben führen. Hier sind die Backpacker nicht mehr Gast in einem Ort – nein es entsteht eine Backpacker-Ort. Was ist ein Backpacker Ort?
Ein Ort  an dem es zwischen den zahlreichen Hostels plötzlich Läden mit verschiedenen Musikinstrumenten gibt. Läden mit Naturgefärbt groben Hanfklamotten. Läden mit farbenfrohen Batik-klamotten. Läden mit sackförmigen Leinen-Hosen in allen Farben. Locker sitzenden Hemden und Shirts. Die Mode erinnert ein wenig an Hippie-Klamotten – erinnert aber nicht an die Mode des Landes – es werden höchstens Elemente aufgegriffen. Es ist definitiv eine eigene Backpacker-Mode. Natürlich auch mit entsprechendem Backpacker-Schmuck – meist aus Holz oder anderen Naturmaterialen. Wie bei jeder Mode ist es wichtig, dass eine möglichst große Menge an Backpackern, die diese Mode tragen. Dazu steigt das Auftreten von Dreadlocks und Bärten. Es gibt Orte bei denen man sich tagsüber mit nicht-Backpacker Klamotten wie ein Exot vorkommt. Ein Exot der noch nicht angekommen ist. Was vielleicht auch ein Wenig stimmt, denn Tagsüber sind die Kurzzeitbesucher dieser Orte häufig auf Besichtungstour und man wird meist wirklich ein Neuankömmling sein, der gerade seinen Bungalow bezogen hat.

Was zeichnet einen Backpacker-Ort noch aus? Viele viele kleinen Reisebüros – die häufig auch Internetcafe und Mini-Shop sind. Viele Internet Cafe. Eine hohe Verfügbarkeit von Alkohol und ggf. andern Drogen. Gelegentlich kommen noch weitere Einflüsse hinzu – in Hampi zum Beispiel der stark israelische Einfluss. Das heisst in Hampi das eine Gruppe von Backpackern sich noch eine Subkultur in der Backpacker Kultur schafft. In Hampi gab es Restaurants die auf Hebräisch geworben haben und die einem das sichere Gefühl vermittelt haben eigentlich in Israel zu sein. Typisch in Hampi auch eine Kultur fast schon arabisch auf dem Boden zu sitzen und an niedrigen Tischen zu speisen. Dabei einen schönen Blick über die Felder. Eine gewisse und sogar recht hohe Zahl von Neuankömmlingen passt sich mehr oder weniger klar in die neue Reisemode ein – so bleibt das Bild des Ortes homogen. 

Die typischen Reiserouten Meist liegen die Backpacker-Orte im Land so verstreut, dass man dazwischen mit Übernachtbussen reisen kann. Diese „Zentren“ Entwickeln sich plötzlich zu so etwas wie den heimlichen Hochburgen des Tourismus an dem jeder Backpacker vorbei muss. Die kleinen Reisebüros helfen dabei, dass man ein Land von Backpacker-Ort zu Backpacker-Ort bereisen kann, meist ohne Umwege und ohne die Sorgen sich die öffentlichen Transportmittel zusammenstellen zu müssen.

Was bedeutet das? Man kann wählen zwischen mehr oder weniger abenteuerlustigen Routen durch ein Land. Im Extremfall nähert man sich einer organisierten Tour. Es ist sogar problemlos möglich eine Reisegruppe zu formieren, denn man findet fast zwangsläufig Mitreisende die man an verschiedenen Orten wiedertrifft.
Schade ist es aus meiner Sicht, wenn man sich nur auf die Backpacker Orte beschränkt und auf einen großen Teil der Freiheit die einem die Backpacker-Reiseführer geben verzichtet. Schließlich hat man gerade die Chance sich unabhängig mit dem Land und seinen Möglichkeiten vertraut zu machen.

Wie hat sich meine Reiserouten entwickelt? Zunächst von zu Hause aus mit dem Lonely Planet und im Gespräch mit Freunden und mit indischen Arbeitskollegen – sowie natürlich den persönlichen Interessen. Das gilt für die ersten 2 Wochen bis ich Hampi erreicht hatte. Dabei wollte ich einige Großstädte, einige Naturerlebnisse und Ruinen/Tempel sehen. Spätestens in Hampi wurden die typischen Reiserouten deutlich – zum Beispiel über Gokarna nach Goa und dann weiter nach Hampi. Das Gebiet Kerala ist durchaus begehrt nur nicht notwendigerweise Fort-Kochi. Eher noch weiter südlicher gelegene kleinere Städte.  

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